14.06.2014 – Anfahrt mit Auto und Ankunft
Das Erlebnis L’Ardechoise begann mit der Anfahrt für Maria (Maja) B., Peter B., Andreas und mich nach Frankreich. Andreas kannte Strecke fast auswendig. Bis zum Tunnel von Lyon fuhren wir einige Stunden. Danach verwandelte sich die Landschaft in sonnige Täler und kleinen Gassen an der Landstraße. Peter B. mietete in einem kleinen Dorf, 10 km vom Startort St. Felicien ein Ferienhaus.
15.06.2014 – Erste Erkundungstour über St. Victor zum Col de Boisson
Am nächsten Morgen stellten wir die Räder raus für die erste Erkundungstour und frühstückten im windgeschützten Innenhof des Ferienhauses. Nach einer kleinen schmalen Abfahrt aus dem Ort heraus begann schon der erste Anstieg nach St. Victor. Schließlich kamen wir am Col de Boisson an.
Bereits bei diesen Aussichten, wusste ich, dass ich immer schon mal so etwas fahren wollte. Nachmittags erkundigten wir das kleine Nachbardorf “Etables”. Am Straßenrand standen die Briefkästen der Dorfbewohner. Vor der Kirche stand ein Baum, der schon ein paar Jahrhunderte “auf dem Buckel” hatte. Beim Spaziergang über die Wirtschaftswege hatten wir eine Aussicht auf das Tal mit Lavendel und Kornblumen. Die Kakteen ragten vor dem Abendhimmel.
16.06.2014 – Stadtbesichtigung von Anonay und Ausfahrt nach Serras zum Rhonetal
Morgens fuhren wir mit dem Auto in die Stadt Anonay. Diese besteht aus kleinen Gassen und alten Häuserfassaden mit einigen schönen Kirchen und einem alten Theater. Manche Häuser sind entweder gut restauriert oder dem Stadtbild entsprechend neu gebaut. Einen Ort der Ruhe für die Stadtbewohner in Form eines kleinen Parks gehört in Frankreich wahrscheinlich dazu. Am Ortsausgang beginnen wieder die Felsen. Die Schutzpatronin wacht über den gesamten Ort. Nach dem “Sightseeing” fuhren Andreas und ich mit den Rädern über eine tolle Abfahrt nach Serras zum Rhonetal.
An Felsen gebaute Häuser und Weinberge sind hier üblich. Weiter ging es an einer wunderschönen Bergstraße entlang. Ein Gipfelkreuz wies uns den Weg zum nächsten Aussichtspunkt. Eine letzte Steigung zum Ortseingang und wir waren wieder “zuhause”. Die Abendsonne leuchtete über das Dorf und ein Sonnenuntergang darf natürlich nicht fehlen. Dies war alles nur ein kleiner Vorgeschmack von dem, was uns noch an der eigentlichen Tour erwartete.
17.06.2014 – Anmeldung in St. Felicien zur L’Ardechoise
Heute war Ruhetag, den wir zur Anmeldung in St. Felicien nutzen. Hier warteten schon die Unterlagen auf die insgesamt bis zum letzten Tag angemeldeten 14.594 TeilnehmerInnen. Vor dem Gebäude war Volksfeststimmung.
Bis wir uns angemeldet, das Gepäck abgegeben und unsere Transponder an den Rädern befestigt hatten, verging einige Zeit. An den nächsten Tagen fuhren wir in einzelnen Dörfern über eine rote Matte. Durch die Transponder erfolgte am Schluss der Tour die Feststellung, ob man die Kontrollstellen anfuhr und die Zeiten wurden in einer Urkunde dargestellt. Wir hatten den ganzen Tag Zeit, die Tour zu fahren. Die Unterkünfte waren so gelegt, dass man bei Ankunft/Abfahrt an/aus der jeweiligen Unterkunft schon direkt auf der Strecke ist.
18.06.2014 – Wassertaufe
Wir packten die Räder und Gepäck ins Auto und wollten zum Startort St. Felicien fahren. Das Auto mussten wir mitnehmen, da wir am Schluss der Tour wieder die Gepäcktaschen ins Auto packen wollten. Ein kleines Hindernis mussten wir noch überwinden: Peter hatte wohl vergessen, die kleine Leselampe im Auto am Vortag auszumachen. Als er den Wagen startete, kam nur ein jämmerliches Jaulen. Ergo: Die Autobatterie hatte sich entladen. Zuerst wollte Andreas seine ausbauen, da in seinem Auto kein Platz für drei Räder und die Gepäcktaschen sowie 4 Personen war. Das funktionierte aber nicht. Dies bedeutete, den Wagen aus der Scheune schieben und in einem leichten Gefälle zu dritt (Maja, Andreas und ich) den Wagen schieben, während Peter den Motor startete. Zum Glück sprang der Wagen nach einiger “Rennerei” an. Dadurch etwas verspätet fuhren wir in St. Felicien über die Startmatte. Jetzt wurde es Ernst – ein Zurück gab es nicht mehr, da wir von nun von Hotel zu Hotel fuhren. Nach den Startschwierigkeiten wurden wir schon im ersten Dorf nach ein paar km mit einem netten Empfang belohnt. Wie bereits erzählt, schmückt sich jedes Dorf und empfängt die Radfahrer. Die Verpflegung wird von den Dorfbewohnern bereitgestellt und nicht vom Veranstalter. Erst am letzten Tag, an dem auch das Rennen stattfindet, wird die Verpflegung vom Veranstalter organisiert.
Ab jetzt hieß es auch immer Trinken – Trinken – Trinken und die Trinkflasche auffüllen. Nach einigen welligen Anstiegen kamen wir wieder ins nächste Dorf. Es gibt dort soviel Dörfer, dass ich mir die Namen nicht merken konnte. Wie ich auf der ganzen Tour feststellen konnte, machten die Franzosen in jedem Dorf beim Empfang eine Gaudi und sie bewiesen viel Humor. Der Empfang von den “Hausmütterchen” ist schon ungewöhnlich.
Anschließend bewältigen wir einen kurzen, knackigen 18 % Anstieg. Und ab jetzt ging es nur noch “rauf und runter” ging. Als Belohnung bekamen wir wieder tolle Ausblicke. Immer weiter schraubten wir uns nach oben. Danach kam schon eine 8 km Abfahrt mit vielen Serpentinen. Dan braute sich etwas zusammen. Es regnete und bis zur nächsten Kontrolle waren wir schon ziemlich durchnässt. Trotzdem nahm ich mir die Zeit. ein Foto von der Umgebung zu schießen.
Dieses war allerdings das letzte Foto vom heutigen Tag. Danach kamen meine sämtlichen “Urängste” zusammen. Ein Gewitter über den Pässen mit starkem Regen und einige Anstiege und lange Abfahrten. Wir befanden uns in einer Einsamkeit, so dass wir uns nicht unterstellen konnten. Unter Bäume stellen ging bei dem Gewitter schon gar nicht. Wir wussten nicht, wie lange alles dauert, da sich der ganze Himmel in den Bergen immer weiter zuzog. Außerdem gab es an den Hängen nur ein paar kleinere Häuser. Dies bedeutete “Weiterfahren”. Schließlich riet Andreas doch zum “Anhalten”. da die Straßen nur noch aus Wasserrinnen bestanden. Er stellte sich an einem Hang, wo keine Bäume direkt über ihm waren, aber noch in der Umgebung. Manche andere “Mitstreiter” stellten sich tatsächlich direkt unter die Bäume. Dies war mir zu gefährlich. Wie ich schon immer sagte, was ich beim Gewitter tun würde, tat ich dann auch. Ich hockte mich im Freien auf der Straße auf den Boden, die Beine zusammen und den Kopf über die Schultern eingezogen. Der Boden gab sogar noch Wärme von der vorherigen Hitze ab. Ob das was genützt hätte, wenn wirklich der Blitz um mich herum eingeschlagen wäre, weiß ich nicht. Schließlich lies der Regen etwas nach. Das Wasser in den “Straßen” war abgelaufen und wir fuhren beim Donnergrollen weiter. Uns war überhaupt nicht Wohl dabei zumute. Dann beschlugen auch noch meine Brillenscheiben durch die hohe Luftfeuchtigkeit, dass ich nichts mehr sehen konnte. Andreas nahm seine schon vorher ab. Bei meiner starken Kurzsichtigkeit ging das nicht. Nach zweimaligen Anhalten, um die Scheiben “abzuwischen”. kam ich auf die Idee, die Scheiben herauszunehmen. Zum Glück hatte ich eine neue Brille von Oliver W., von Buschmann Optik, bei der ich die Außenscheiben abnehmen konnte und die eigentlichen Gläser trotzdem mit Clip im Brillengestell eingefasst bleiben. Durch die Lücken der abgenommenen Scheiben kam Luft an die Gläser und ich konnte mit toller Sicht ohne Beschlagung weiterfahren. Diese Erfahrung musste ich auch erst mal machen. Die Abfahrten waren lang und kalt, da wir nur eine leichte Regenjacke mitnahmen. Ich erinnerte mich an die Ratschläge des PSC, mit “Stotterbremsen” die Abfahrten herunterzufahren. Das Gewitter zog irgendwann ab. Nach den Pässen bewältigten wir noch eine 10 km lange, kurvige Abfahrt zu unserer Unterkunft nach Privas. Durchgefroren, mit fast steifen Händen, kamen wir an und freuten uns auf die heiße Dusche und das Abendessen in unserer Unterkunft. So endetet für uns ein recht abenteuerlicher Tag. Einen Zweck hatte das ganze aber doch. Ich verlor die Scheu vor Abfahrten im Regen. Ich weiß jetzt, wie ich diese angehen kann. Trotzdem ist mir das Risiko weiterhin bewusst.
19.06.2014 – Start in die Sonne und mediterranes Gebiet
Der Anblick des Sonnenaufgangs vom Hotelzimmer ließ mein Herz höher schlagen. Er kündigte einen schönen sonnigen Tag an. Dies sollte auch die nächsten Tage so bleiben. Wieder strampelten wir den ersten Col des heutigen Tages hoch. Immer weiter und weiter … bis zum Empfang im nächsten Dorf. Goldener Ginster ließ sich blicken, den wir am folgenden Tagen noch öfter zu sehen bekommen sollten. Im nächsten Dorf bereiteten uns die Kinder einen tollen Empfang. Wieder war alles bunt geschmückt mit den Farben der Ardechoise. Nach der Pause erwartete uns eine “flacherere” mediterrane Landschaft. Die Blumen in den Gärten der Häuser blühten in allen Farben. Selbst die Dorfkirche ist von tiefstem Grün umrankt. Die nächste Kletterei wartete schon. Vielleicht hätten wir den Bus anhalten sollen, ob er uns mitnimmt. Er brachte die Touristen bequem zum Aussichtspunkt der Ardeche, den wir mit den Rädern erklommen:
Die heutige Tour war aber noch lange nicht beendet und bot noch einige Höhepunkte nach dem “Einfall” in den nächsten Ort. Die ganze Gegend war mit “Kinderrädern” geschmückt. Am heutigen Tag hatten wir die einzigen zwei Ampeln auf der gesamten Tour. An der nächsten “Rast” empfingen uns die Dorfbewohner mit Live-Musik.
Im nächsten Dorf gerieten wir unter die Piraten. Im letzten Dorf des heutigen Tages staunte der Hund nicht schlecht über den Umzug nach “China”. Danach kamen wir am Zielort “Lablachére” an. Wieder ging ein wunderschöner Tag mit unbeschreiblichen Eindrücken zu Ende.
20.06.2014 – Von Col zu Col
Der Ausblick von unserer Unterkunft verhieß einen wunderschönen, sonnigen Tag. Wir machten uns auf in die Natur. Nach einem längeren Anstieg durch eine Waldstraße kamen wir am ersten Col des Tages an.Nächster Berg – überwältigend. Immer weiter “auf schmalen Pfaden” am Abgrund. Der Weg schlängelt sich an Hängen mit goldenem Ginster entlang. Erhabenheit der Natur.
Noch ein Anstieg und eine letzte Abfahrt und wir kamen in unserer letzten Unterkunft in St. Eulalie an. Diesmal waren wir in einer Privatunterkkunft eines Doktors untergebracht. Das Haus war ein alter Bauernhof mit mehreren Zimmern, in denen auch noch andere Radfahrer “hausten”. Das Abendessen war das beste von der ganzen Tour. Der Doktor hatte vier Gänge mit Salat, Gulasch und Nudeln, verschiedene Käsesorten und noch eine Griesnachspeise mit Orangenmarmelade vorbereitet. Er war sehr freundlich. Ein Deutscher aus Hennef an der Sieg war dabei und ein Franzose, der auch deutsch verstand und sprechen konnte. Er war der Dolmetscher für einige Sätze.
21.06.2014 – Letzter Tag und Rennveranstaltung
Nach einem ausgiebigen Frühstück wandelte sich die Landschaft in “Almwiesen”. Die Abfahrten sind genauso lang und serpentinenmäßig wie die Anstiege. Wir mussten uns ständig voll konzentrieren, da teilwiese keine Abgrenzungen bestanden. Die Aussichten auf die Abgründe waren toll. Auf gerader Strecke konnten wir mal wagen, einen Blick zu riskieren. Oben angekommen, bot sich wieder ein toller Anblick. Schließlich kamen wir in der “Zivilisation” an. Das beherrschende Thema war Brasilien – natürlich mit entsprechender Musikbegleitung.
Nächste Fahrt mit einem weiteren Anstieg. Ankunft nach der Abfahrt. Hier kamen die Rennfahrer dazu, die ein vorausfahrendes Motorrad ankündigte. Wir machten Pause. Jetzt kämpften sich alle noch die letzten Anstiege hoch. Es bereitete sich eine Volksfeststimmung auf, da der größte Teil jetzt geschafft war.
Der letzte Anstieg hatte es nochmal richtig in sich. Nochmal 10 km bergauf durch die Hitze. Kamen Waldstücke, legten sich einige Fahrer in den Schatten der Bäume. Einige blieben stehen und erholten sich über dem Lenker. Andreas sah sogar einen Radfahrer, der sich in ein Quellbrunnenbecken setzte. In diesem Abschnitt waren an mehreren Stellen Musikcombos, die die Radfahrer noch mit ihrer Musik anfeuerten. Dann kamen wir im letzten Ort vor St. Felicien an. Ein letzter Ausblick auf die Alpen war uns noch gegönnt.
Noch war die Tour nicht zu Ende. Es stand uns noch eine 30 km lange Abfahrt bevor. Diese hatte aber nicht mehr so viel Gefälle wie manche anderen und durch den Gegenwind musste ich teilweise richtig reintreten, um auf Tempo zu kommen. Das war schon ungewöhnlich, da ich mich in den letzten vier Tagen an die sehr rasanten Abfahrten gewöhnt hatte. Schließlich kamen wir glücklich und vor allem gesund am Ziel an. An diesem Tag waren Krankenwagen öfter unterwegs, um ein paar Verletzte zu versorgen.
Fazit der Tour:
Peter fuhr die Ardechoise bereits fünfmal, jeweils mit anderen Streckenvarianten. Andreas hatte sie letztes Jahr mitgemacht und für mich war es die erste Tour dieser Art. Es waren unbeschreiblich schöne Tage. Alles was ich hier wiedergab, war nur ein Bruchteil der Veranstaltung. Soviele Fotos kann man gar nicht machen. Vor allem gefiel mir, dass wir kaum auf groß befahrenen Autostraßen unterwegs waren. Ich war teilweise allein auf so schmalen Wegen und hatte nur die Natur um mich herum. Die Berge waren meistens alle um die 10 km lang mit verschiedensten Prozentanteilen. Mir kam es darauf an, die ganze Tour zu schaffen. Ich genoss es, in dieser überwältigenden Landschaft die Berge rauf- und runterzufahren. Die Stimmung in den Dörfern war faszinierend. Jede Dorfgemeinschaft schmückte ihr Dorf ehrenamtlich und auf freiwilliger Basis und sie empfingen jeden mit Begeisterung. Die Autofahrer, wenn mal einer kam, hupten und drängelten nicht, sondern warteten, bis Platz zum Überholen war. Ich hörte oft das Wort “Courage” von Frauen in den Dörferen sowie manchen Radfahrern auf der Strecke. Die Männer begrüßten mich teilweise mit Namen, da diese groß auf unseren Startnummern angebracht waren. Es kam immer ein freundliches “Allez Andrea” oder Ca Va. Von Unfreundlichkeit der Franzosen keine Spur. An der letzten Kontrolle wurde das Lied “Champs Elyssee” gespielt und ein Franzose schnappte sich eine Frau und tanzte mit ihr auf der Straße. Die anderen sangen das Lied komplett mit. Für mich war es das bisher Beste, was ich erlebte. Ich hatte alles, was mich beim Radfahren begeisterte: tolle Natur mit weiten Aussichten, allein in Ruhe Berge hochfahren und auch runterfahren. Total vom Alltag abschalten können. Wer das nicht gefahren ist, hat etwas versäumt. Die “Leistung” zählte hier nicht. Die Tour kann auf “Leistung” fahren, wer will. Man darf sie nur nicht unterschätzen. Es hieß ankommen. fröhlich sein und einfach nur genießen und staunen.