Wo Amateure gegen Topprofis antreten – Rheinische Post vom 18.07.2025

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Das Kriterium drei Tage nach Abschluss der Tour de France ist bekannt dafür, jedes Jahr absolute Topfahrer nach Neuss zu locken. Doch im Feld sind auch Amateure dabei. Die müssen einiges auf sich nehmen, um sich zu qualifizieren, wie das Beispiel zweier Aktiver vom RSC Nievenheim zeigt.
 
Martin Ritterbach (l.) und Pascal Schwiderek vom RSC Nievenheim freuen sich auf die Tour de Neuss. Foto: David Beineke
 
NeussZurzeit schindet sich Nils Politt bei der Tour de France und misst sich täglich mit den besten Profi-Radsportlern der Welt. Den aktuell wohl besten hat er sogar bei sich im Team. In der Mannschaft von UAE Team Emirates ist der 31-jährige Deutsche der Edelhelfer von Tadej Pogacar und hofft, dass sein Kapitän am Sonntag, 27. Juli, im Gelben Trikot über die Champs-Élysées rollt und er mit ihm am Ende dessen schon vierten Toursieg feiern darf. Nur drei Tage später am Mittwoch steht für Politt in Neuss dann schon die nächste Tour an, seine Zusage für die Teilnahme an der 22. Auflage des Kriteriums hat er dem Sportlichen Leiter Markus Fothen schon länger gegeben. Der ehemalige Radprofi aus Kaarst arbeitet zwar mit Hochdruck daran, dass es Politt mit möglichst vielen Hochkarätern seiner Kragenweite zu tun bekommt, doch im Starterfeld des Elite-Rennens (Start 19.15 Uhr, 62 Runden, 82,6 Kilometer) werden auch zahlreiche Amateure dabei sein. Zwei von ihnen sind Martin Ritterbach und Pascal Schwiderek vom RSC Nievenheim, die neben ihrem Beruf extrem viel Aufwand betreiben müssen, um auf diesem Niveau mitfahren zu können.

Ritterbach, 44 Jahre alt und Vorsitzender des RSC Nievenheim, sowie der 42-jährige Pascal Schwiderek sind Radsportler aus Leidenschaft. „Wir haben einen 40-Stunden-Job, eine Familie und müssen alles mit dem Training und den Rennen unter einen Hut bekommen“, erklärt Ritterbach. 15.000 bis 20.000 Kilometer verbringen die beiden im Jahr auf dem Rennrad, auf dem sie wöchentlich vier- bis fünfmal sitzen, absolvieren ihre Trainingseinheiten teilweise schon frühmorgens vor der Arbeit. „Mit einem strukturierten Training und einer entsprechenden Planung der Rennen ist das möglich und macht auch viel Spaß. Doch klar ist auch, wenn die Familie nicht mitspielt, wäre das nicht möglich“, sagt Schwiderek.

Um bei offiziellen Wettkämpfen mitzufahren, muss beim Verband Jahr für Jahr eine Lizenz beantragt werden. Damit ist es dann möglich, bei Amateurrennen Punkte für eine Rangliste zu sammeln. Wer es da unter die besten 700 in Deutschland schafft, der stellt unter Beweis, dass er bei Elite-Rennen wie bei der Tour de Neuss mit Profi-Beteiligung nicht zum Bremsklotz wird und darf dort auch melden. Ritterbach und Schwiderek starten gemäß ihres Alters eigentlich hauptsächlich in der Masters-Klasse, doch in diesem Jahr haben sie sich bewusst verstärkt mit jüngeren Fahrern gemessen, um als Teil der Vorbereitung auf die Masters-DM die Qualifikation für die Tour de Neuss zu schaffen.

Dort werden sie dann am 30. Juli ihre Premiere feiern, was ihnen viel bedeutet. „Wir richten mit dem RSC selbst ein Radrennen aus und wissen, was für ein Aufwand das ist. Zumal Neuss ja noch mal ganz andere Dimensionen hat“, erklärt Martin Ritterbach und ergänzt: „Es ist total schön, dass es die Tour de Neuss gibt. Da profitieren wir auch von, weil so ein Event unseren Sport interessanter macht und auf diese Weise auch Mitglieder für andere Vereine generiert werden.“ Respekt haben die beiden vor ihrem ersten Einsatz in Neuss, Angst aber nicht.

Zum einen sind sie in der Vergangenheit bei unterschiedlichen Gelegenheiten schon verschiedenen deutschen Profis wie Simon Geschke, André Greipel und auch dem in Büttgen bestens bekannten Tim Torn Teutenberg über den Weg gelaufen, die alle sehr umgänglich sind, zum anderen sind sie überzeugt, dass sie ganz gut mit den Berufsfahrern mithalten können. Unter anderem sind die es nämlich nicht gewöhnt, so viele kurze Runden mit den ständigen Antritten nach den Kurven zu fahren. „Außerdem kommt es nicht nur auf die reine physische Leistungsfähigkeit an. Auch Taktik, der Moment des Attackierens und das Kurvenfahren spielen eine große Rolle“, sagt Pascal Schwiderek.

Auf die Begegnung mit Nils Politt freuen sich die beiden übrigens besonders. „Nils hat keine Berührungsängste. Der kommt aus der Nähe von Köln und wenn man ihn bei Trainingsfahrten trifft, dann kann man ihn auch schon mal ein Stück begleiten“, sagt Martin Ritterbach. Als die Nievenheimer im Juni ihr eigenes Radrennen ausrichteten, schaute Politt sogar mal vorbei, um seine Kinder beim Fette-Reifen-Rennen zu unterstützen. Klar, dass dann auch ein paar Autogramme und Selfies fällig wurden. Ein Programm, das mit Sicherheit in noch viel größerem Umfang in Neuss am 30. Juli erneut auf ihn zukommen dürfte.

Rheinische Post 18.07.2025
Von David Beineke

 

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